Wolle? Garn? Mal ganz von vorn…

Wolle? Garn? Mal ganz von vorn…

Mit Wolle bezeichnen wir ja gerne so einiges, wenn es sich ums Stricken und Häkeln dreht. Aber müssten wir korrekterweise nicht manchmal eigentlich Garn sagen? Was bedeutet denn jetzt genau Wolle? Und was war jetzt noch mal Merino oder Mulesing? Im folgenden Beitrag versuchen wir, diesen Fragen auf den Grund zu gehen.

Von Pascuali

Mit Wolle bezeichnen wir ja gerne so einiges, wenn es sich ums Stricken und Häkeln dreht. Aber müssten wir korrekterweise nicht manchmal eigentlich Garn sagen? Was bedeutet denn jetzt genau Wolle? Und was war jetzt noch mal Merino oder Mulesing? Im folgenden Beitrag versuchen wir, diesen Fragen auf den Grund zu gehen.

Was ist eigentlich Wolle?

Im allgemeinen Sprachgebrauch steht das Wort Wolle ja für vieles. Für reine Wolle, Mischfasern, tierische Fasern, pflanzliche Fasern, … eben für vieles, mit dem man stricken, häkeln, weben, filzen und wie auch immer handarbeiten kann.

Will man ganz korrekt sein, müsste aber eigentlich in vielen Fällen von Garn gesprochen werden! Denn Wolle ist laut EU-Textilkennzeichnungsverordnung die Faser vom Fell des Schafes. Haare von Tieren wie zum Beispiel Alpaka, Kamel, Kaschmirziege oder Yak dürfen lediglich beigemischt sein, damit sich das Endprodukt „Wolle“ nennen darf. 

Werden die Haare dieser Tiere ohne das Schaf versponnen, ist es laut Verordnungsdeutsch keine Wolle! Sondern eben Alpaka, Kamel, Kaschmirziege oder Yak – allerdings darf sich immerhin der Wortbestandteil „-wolle“ an den Namen des Tieres heften…

Noch ein bisschen mehr aus der Verordnungsecke gefällig? Nur die Bezeichnung Schurwolle garantiert, dass die verwendete Wolle von lebenden, gesunden Tieren, also aus der Schur stammt. Steht in der Produktkennzeichnung nur Wolle, kann es sich dabei auch um das Haar von toten Tieren oder um Wolle handeln, die recycelt wurde. 

Die Baumwolle treibt es mit ihrem Namen ziemlich wild – die Hochstaplerin ist eine reine Pflanzenfaser und hat mit Wolle im Wortsinn rein gar nichts zu tun. Sie ist ein Garn. 

Wolle. Vom Schaf.

Bleiben wir also beim Wollklassiker, dem Schaf. Zur Herstellung der Wolle wird vorwiegend die weiche Unterwolle (im Gegensatz zum Deckhaar) des Schafes verwendet. Das Vlies – so nennt man die flach zusammenhängende Wolle des Schafes nach der Schur – wird zunächst gewaschen, danach gezupft, sprich aufgelockert, und danach am Krempelwolf weiter bearbeitet. Das ist eine Art "Vorkämmen" zum Ausrichten der Wollfasern als Vorbereitung auf das anschließende Spinnen. 

Weltweit gibt es heute rund 500-600 verschiedene Schafrassen. Wahrscheinlich stammen alle der heute gehaltenen Schafe vom Armenischen Mufflon ab, das vor geschätzten 10.000 Jahren domestiziert wurde. Seit vermutlich rund 5.000 Jahren werden Schafe nicht nur als Fleischlieferanten, sondern auch wegen ihrer Wolle gehalten. Weltweit gibt es etwa eine Milliarde Schafe als Nutztiere. Je nach Nutzung unterscheiden sich die Rassen in Fleisch-, Woll- und Milchschafe sowie Landschafe, die zur Landschaftspflege (z.B. auf Deichen und in der Heide) eingesetzt werden. Rund 80 Prozent aller Schafe sind als „Woll-Lieferanten“ geeignet, allerdings unterscheidet sich die Wolle – abhängig von der Rasse und dem Klima, in dem die Tiere leben – zum Teil erheblich (Quelle: VdL, Vereinigung deutscher Landesschafzuchtverbände). Mehr als die Hälfte der Schafe weltweit wird wegen ihrer Feinwolle gehalten. Mit rund 40 Prozent aller Wollschafe liegen die Merinos an erster Stelle (Quelle: Planet Wissen/ARD). 

Warum ist Merino-Wolle so beliebt?

Eine gute Wolle weist eine hohe Elastizität auf, was mit der Kräuselung der Wollfasern zusammenhängt. Hochwertige Merinowolle ist sehr fein und dabei stark gekräuselt. Bis zu 40 Kräuselungen können auf einen Zentimeter kommen! Sie eignet sich deshalb sehr gut zum Spinnen und Filzen, während z.B. die Wolle der Heidschnucke zwar sehr lang, dafür aber grob und kaum gewellt ist. Die Weichheit der Wolle des Merinoschafes rührt von der Feinheit des einzelnen Haares her: Sie ermöglicht entsprechend feine Wollfasern. Diese Feinheit wird in Mikron angegeben und bezieht sich auf den Durchmesser der Faser in Mikrometern (also in Tausendstel Millimetern). Je kleiner der Wert, desto feiner und weicher ist die Faser. 

Wir führen nur die besten Faserfeinheiten wie ultrafine (unter 17,6 Mikron – z.B. unsere Saffira), superfine (17,6 bis 19,5 Mikron – z.B. die Merino Baby) und extrafine (19.6 bis 22 Mikron – z.B. Pinta). Zum Vergleich: Menschliches Kopfhaar bewegt sich durchschnittlich in einem Stärkebereich von 50-100 Mikron, besonders feines bei 20-40 Mikron. 

Die feinen Fasern der Wolle vom Merinoschaf fühlen sich sehr weich auf der Haut an und werden selbst von empfindlichen Menschen und Babys gut vertragen, denn die menschliche Empfindlichkeitsschwelle liegt bei rund 25 Mikron. Der Grund ist, dass gröbere Fasern sich bei Berührung mit der Haut nicht krümmen und damit die Haar-Follikel reizen: Das empfinden wir dann als Kratzen. Wem selbst die weichste Merino-Wolle aber noch ein gewisses Unbehagen verursacht, der könnte es mit einem Merino-Seide-Mix probieren wie mit unserer Saffira– zarter geht’s nicht! 

Merino-Wolle hat sehr gute temperaturausgleichende Eigenschaften. Durch ihre stark gekräuselte Struktur liegen die Fasern locker aufeinander und bilden eine Art von Luftkammern. Die so zwischen den Fasern festgehaltene Luft verringert den Wärmeaustausch im Material, da Luft kein besonders guter Wärmeleiter ist. Die Wolle speichert so die Körperwärme und wirkt isolierend nach außen. Genau genommen wärmt Wolle also gar nicht – sie verhindert nur, dass die Körperwärme abgegeben wird. Das fühlt sich für uns dann aber einfach schön warm an.

Wolle kann zudem große Mengen an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich feucht anzufühlen. Bis zu einem Drittel ihres eigenen Trockengewichtes kann sie aufnehmen! Wird Kleidung aus Merinowolle im Sommer getragen, kann man also schwitzen, ohne dass das Kleidungsstück sich gleich so feucht anfühlt, wie es z.B. Baumwolle tun würde. Wenn dann durch die warme Umgebungsluft die von der Faser aufgenommene Feuchtigkeit abtrocknet, entsteht zudem eine kühlende Verdunstungskälte. Dies macht Merino zu einer idealen Ganzjahreswolle – wärmend im Winter und kühlend im Sommer!

Wo kommt die Merino-Wolle her?

Das Merinoschaf stammt vermutlich ursprünglich aus Nordafrika. Im Mittelalter gelangten Merinos nach Spanien, wo sie wegen ihrer begehrten Wolle eine große wirtschaftliche Bedeutung bekamen. Ab dem 19. Jahrhundert gab es dann auch in anderen europäischen Ländern größere Merino-Herden. Europäische Siedler brachten schließlich Merinoschafe nach Australien und Neuseeland. 74 Millionen Merino-Schafe werden heute in Australien gehalten. Das Land ist mit rund 88 Prozent der weltweiten Gesamtmenge der Hauptlieferant von Merino-Wolle. Neuseeland, Argentinien und Südafrika produzieren je vier Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis). Die Mengen, die aus anderen Ländern stammen, sind statistisch gesehen nicht relevant.


Merinoschafe in Neuseeland (Bildquelle: unplash.com)

Die Wollmenge, die ein Merinoschaf pro Schur liefert, beträgt (nach dem Waschen) durchschnittlich zwei bis vier Kilogramm. „Spitzentiere“ können es sogar auf bis zu zehn Kilogramm Wolle bringen. 

In Australien hat man im Laufe der Zeit den Merinoschafen mächtige Hautfalten angezüchtet: Um so möglichst viel Fläche für möglichst viel Wolle und einen entsprechenden Ertrag zu haben. Das birgt jedoch ein ganz großes Problem, und hier kommen wir zu einem wirklich beklemmenden Punkt.

Mulesing – ein blutiges Thema

Die vielen Falten machen die australischen Merinoschafe zum Opfer vor allem einer australischen Fliegenart. Diese Fliegen legen ihre Eier in die verschmutzten, feucht-warmen und schlecht durchlüfteten Hautfalten im Bereich von After- und Genitalregion der Tiere ab. Die geschlüpften Maden wandern dann unter die Haut und fressen sich praktisch in die Schafe hinein – und diese von innen auf.

Entzündungen und nicht selten der Tod der Tiere sind bei Befall die Folge. Um dies zu verhindern, wird den Lämmern großflächig die Haut um den After entfernt. Nach dem „Erfinder“ dieser Methode, John W.H. Mules, wird das als Mulesing bezeichnet. Die nach dem Abheilen verbleibende glatte Fläche im Schwanzbereich verhindert den Parasitenbefall. Leider ist es jedoch in Australien nach wie vor gängige Praxis, die Lämmer dieser blutigen Prozedur ohne Betäubung und Schmerzmittel zu unterziehen. 

Kann man wirklich Freude an einer Wolle oder einem Strickstück haben, wenn man weiß, dass die Schafe dafür unglaubliche Qualen über sich ergehen lassen mussten? Verfechter des Mulesing führen an, dass ein Schaf, wenn es von Fliegen befallen ist, unglaublich leidet. Ohne Mulesing würden jährlich drei Millionen Tiere von Fliegenmaden befallen werden. Das will natürlich niemand!

Aber müssen die Tiere deshalb ohne Betäubung beschnitten werden? Die australischen Gesetze erlauben es, und viel zu wenige der Schafzüchter setzen freiwillig Betäubungs- und Schmerzmittel ein. Nur zehn Prozent aller australischen Merino-Schafe werden gar nicht dem Mulesing unterzogen. Sie werden stattdessen regelmäßig im betroffenen Bereich geschoren oder mit Pestiziden behandelt. (Quelle: Deutscher Tierschutzbund)

Aber das ist zum einen sehr aufwändig und kostspielig, und zum anderen ist der Einsatz von Gift wohl auch nicht die beste Lösung. Was bleibt? Nach Ansicht von Fachleuten müssen die Falten weg – aber nicht mit der Schere am Hintern der Tiere, sondern über Zuchtprogramme aus dem kompletten Gen-Satz. 

Und was können wir gegen Mulesing tun?

Als Verbraucher haben wir zum Glück die Entscheidungsfreiheit, was wir kaufen. In Neuseeland und Südafrika ist das Mulesing seit ein paar Jahren verboten. Und in Südamerika gibt es die betreffende Fliegensorte aufgrund der klimatischen Bedingungen gar nicht. Möchten wir also mit Wolle stricken, die Mulesing frei ist – und davon gehen wir doch aus, oder? – haben wir es also über die Herkunft der Wolle in der Hand, ob die Lämmer für uns und unser Hobby leiden mussten oder nicht. 

Bei Pascuali könnt Ihr absolut sicher sein – unsere Wolle ist Mulesing frei! Das Wohl der Tiere liegt uns absolut am Herzen. Wir sehen uns unsere Lieferanten vor Ort an, damit wir sicher gehen können, dass es den Tieren gut geht. Artgerechte Haltung ist für uns ein Muss. Unsere Merino-Wolle, die ausschließlich aus Südamerika kommt, könnt Ihr also ganz ohne schlechtes Gewissen verstricken! 

Und soll es doch einmal Merino-Wolle von anderswo sein (was wir natürlich sehr bedauern würden!), dann schaut bitte wenigstens, dass Ihr nur welche kauft, die als Mulesing frei (oder „non-mulesed“) ausgewiesen ist. 

Helfen mir Zertifikate im Wollbereich?

Bei Lebensmitteln ist es klar geregelt – Wo z.B. Bio draufsteht, muss auch Bio drin sein, und das auch zertifiziert. Im Textilbereich gibt es diese Klarheit nur bei einzelnen Siegeln – eine Vorreiterstellung hat hier GOTS, der Global Organic Textile Standard. Der Verbraucher kann damit sicher sein, dass die Schafe kein Mulesing über sich ergehen lassen müssen. Des weiteren werden bei der Verarbeitung GOTS-zertifizierter Wolle keine umweltgefährdenden Chemikalien verwendet. Das fertige Garn unterliegt strengen Kontrollen auf schädliche Rückstände, und nicht zuletzt ist die faire Behandlung der Arbeiter/innen eines der zu erfüllenden Kriterien, um die GOTS-Zertifizierung zu erhalten.

Die Begriffe „Bio (Organic)“ oder „Öko/Eco“ sind in Deutschland für Textilien nicht geschützt, Missbrauch ist damit nicht ausgeschlossen. Außerdem ist es für den Kunden nicht nachvollziehbar, ob das gesamte Produkt oder nur ein einzelner Teil der Produktionskette „öko“ sind. So kann zum Beispiel das Schaf biologisch gehalten werden, die Wolle aber unter unfairen, gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen und unter Einsatz von Chemikalien produziert worden sein. Oder das fertige Garn ist zwar frei von schädlichen Rückständen, die Schafe mussten aber das qualvolle Mulesing erdulden. GOTS gilt derzeit als das anspruchsvollste Label für den Massenmarkt mit ökologischen Kriterien entlang der gesamten Produktionskette. 

Aber bedenkt: Die Zertifizierung hängt auch mit der Betriebsgröße zusammen, d.h., nicht jeder kleine Betrieb oder Schäfer einer kleinen Herde, der keine Zertifizierung hat, arbeitet deshalb schlechter! Die Zertifizierungskosten sind einfach oftmals viel zu hoch. Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum wir nicht nur zertifizierte Garne anbieten. Wir unterstützen in erster Linie kleine Bauern und Farmen, die sich in der Regel den Erwerb von Zertifizierungen wie GOTS gar nicht leisten können. Würden wir auf die Zertifikate bestehen, brächten wir sie damit in finanzielle Bedrängnis. Wir reisen stattdessen selbst in die jeweiligen Regionen und machen uns vor Ort unser eigenes Bild von den Zuständen. Und dabei sind unsere Anforderungen oftmals sogar höher, als die der meisten Textil-Zertifikate. Wir wählen wirklich sehr sorgfältig aus, welche Produkte wir in unser Sortiment aufnehmen und welche nicht.

Es gibt noch diverse andere Siegel, doch so umfassend wie GOTS sind sie nicht – in aller Regel beschränken sie sich auf einzelne Aspekte. Exemplarisch seien ein paar von ihnen genannt:

Da wäre z.B. das „Woolmark“-Siegel. Das gibt es schon seit den sechziger Jahren und es steht für Qualität im Wollbereich. Allerdings bezieht es sich nur auf die Zusammensetzung und Art der Wolle. Über die Umwelt- oder Tierfreundlichkeit sagt es nichts aus (außer indirekt, wenn man an das „Australian Merino Wool“-Siegel denkt...) 

Das „Öko-Tex-Standard-100“-Siegel bewertet hingegen ausschließlich die Einhaltung von Schadstoffgrenzen. 

Der „Blaue Engel“ wird an umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen vergeben. 

Das „FairTrade“-Logo dürfen Produkte tragen, die den Arbeitern angemessene, faire Arbeitsbedingungen zusichern. 

Zum Abschluss möchten wir Euch hier noch unsere Garne aus reiner Wolle oder mit Wollanteil auflisten:

Merino Baby: 100% Schurwolle (Merino superfine, Superwash, Mulesing frei)
Herkunft der Faser: Patagonien (Arg.) und Uruguay

Saffira: 75% Schurwolle (Bio Merino ultrafine, Mulesing frei), 25% Seide (Maulbeerseide)
Herkunft der Fasern: Wolle - Südamerika (Der Wollfaseranteil ist durch den Lieferanten GOTS-zertifiziert), Seide - China

Pinta: 60% Schurwolle (Merino extrafine, Mulesing frei), 20% Seide (Maulbeerseide), 20% Ramie
Herkunft der Fasern: Wolle - Patagonien (Arg.), Ramie - Nepal, Seide - China

Tibetan: 70% Schurwolle (Merino ultrafine, Mulesing frei), 30% Yakwolle
Herkunft der Fasern: Wolle - Südamerika, Yak - Mongolei

Nube: 100% Schurwolle (Peruanische Wolle, Mulesing frei)
Herkunft der Faser: Peru

Wir hoffen, Euch hat dieser kleine Spaziergang in die Welt der Wolle ein wenig Spaß gemacht. Und wenn er Euch vielleicht sogar noch ein bisschen was gebracht hat – dann freuen wir uns! Wir werden Euch ab jetzt in lockeren Abständen alle paar Wochen einen kleinen Post zu einem Woll-Thema schreiben. Also bleibt dran! Beim nächsten Mal geht es um ….. 

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