Verkürzte Reihen – was, wie und warum? - Pascuali

Verkürzte Reihen – was, wie und warum?

Verkürzte Reihen sind ein cleverer Weg, um die Form und die Kontur eines Strickstücks zu verändern, ohne dafür Maschen ab- oder zuzunehmen. Mit verkürzten Reihen kann man Dreidimensionalität in ein Strickstück bringen. Wir wollen euch heute erklären, wozu man verkürzte Reihen gebrauchen kann und stellen euch die geläufigsten Varianten dieser Technik vor.

Von Claudia Ostrop

Verkürzte Reihen sind ein cleverer Weg, um die Form und die Kontur eines Strickstücks zu verändern, ohne dafür Maschen ab- oder zuzunehmen. Mit verkürzten Reihen kann man Dreidimensionalität in ein Strickstück bringen. Wir wollen euch heute erklären, wozu man verkürzte Reihen gebrauchen kann und stellen euch die geläufigsten Varianten dieser Technik vor.               

Was sind verkürzte Reihen?

Verkürzte Reihen sind eigentlich genau das, was ihr Name vermuten lässt: Eine Reihe, die nicht bis zum Ende gestrickt wird. Es wird vorher gestoppt, das Strickstück gewendet und zurück gestrickt. Das geht nicht nur bei Reihen, sondern auch beim Stricken in Runden. 
Eigentlich also ganz simpel, wenn da nicht ein Problem wäre… Denn beim Wenden entsteht eine Lücke. Wenn einfach „nur so“ gewendet wird, hat man später an diesen Stellen lauter unschöne Löcher im Gestrick. Da man das kaum als Design-Element verkaufen kann, muss man also an den Wendepunkten irgendetwas unternehmen, damit das Strickstück später unversehrt aussieht und man ein gleichmäßiges Maschenbild erhält. 
Es gibt einige Techniken, mit denen man die Wendepunkte der verkürzten Reihen so gut wie unsichtbar machen kann. Wir stellen euch später fünf Varianten vor.
Doch erstmal zur Frage, warum man überhaupt verkürzte Reihen stricken soll.

Wozu verwendet man verkürzte Reihen?

Durch das vorzeitige Wenden fügt man den einzelnen Abschnitten mehr Höhe hinzu, denn in diesen Bereichen werden mehr Reihen gestrickt als im Rest. Es entstehen z.B. Keile. 
Socken sind ein Musterbeispiel für verkürzte Reihen, denn mit ihrer Hilfe kann die Ferse ausgeformt werden. 
Verkürzte Reihen sind aber auch geeignet, um Schrägungen, z.B. an den Schultern, zu erzeugen. Der Vorteil dabei ist, dass die Abschlusskante gleichmäßig und gerade bleibt. Würde man die Schrägung durch Anschlagen oder Abketten von Maschen formen, bekäme man eine Kante mit mehr oder minder ausgeprägten Absätzen. Durch die verkürzten Reihen findet die Formgebung innerhalb des Gestricks statt und nicht an der Kante selbst. Das sieht sehr viel sauberer aus. 
Mit Hilfe verkürzter Reihen kann man auch abgerundete Abschlüsse erzeugen, z.B. bei Pullovern, deren Rückenteil etwas länger gehalten wird. 
Sehr häufig kommen verkürzte Reihen zum Einsatz, um bei Top-Down gestrickten Pullovern den Ausschnitt auszuformen: Die verkürzten Reihen heben den rückwärtigen Ausschnitt an.
Und im Brustbereich von Oberteilen können mittels verkürzter Reihen Brustabnäher eingestrickt werden, kleine Keile, die sich an der Oberweite orientieren und für besseren Sitz sorgen.

Neben den technischen Gründen, verkürzte Reihen zu stricken, können sie aber auch als Design-Element verwendet werden:  
Mit verkürzten Reihen können z.B. Blattformen, Kurven und tropfenförmige Elemente in ein Strickstück eingearbeitet werden. Entweder in verschiedenen Farben oder einfarbig mit verschiedenartig strukturierten Mustern.  
Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder strickt man bis zu einem bestimmten Punkt und lässt die verkürzten Reihen immer kürzer werden (man wendet also mit jeder Reihe früher), oder man beginnt mit einem relativ kurzen Stück Strickstrecke und setzt die folgenden Wendepunkte immer nach dem jeweils vorherigen. Strickt man nach Anleitung, wird einem dies natürlich vorgegeben. Strickt man „Frei Schnauze“, ist es durchaus lohnend, mit den verschiedenen Ansätzen zu spielen, um zu sehen, was einem besser gefällt oder welche Variante das gewünschte Ergebnis am schönsten ergibt.

Was für verschiedene Techniken für verkürzte Reihen gibt es?

Wie weiter oben schon gesagt, kann man nicht einfach stoppen, wenden und weiterstricken. Dann endet man mit unschönen Lücken im Gestrick. Doch es gibt verschiedene Techniken, um die Lücken zu verhindern. Letztlich gibt es bei den einzelnen Varianten keine großen Unterschiede, und sie sind gegeneinander austauschbar. Am besten probiert man einfach aus, mit welcher Methode man selber am besten zurechtkommt und bei welchem Ansatz einem das Maschenbild am Ende am besten gefällt. In Anleitungen wird bei verkürzten Reihen immer angegeben, welche Technik verwendet wird – in den Pascuali-Anleitungen sind dies zumeist verkürzte Reihen mit Doppelmaschen, und mit denen geht es hier deshalb auch los!

Hinweis: Im Folgenden ist das gedachte Strickstück glatt rechts gestrickt, also mit rechten Maschen in Hin- und linken Maschen in Rückreihen. Wir haben versucht, die Beschreibungen so zu gestalten, dass sie auch ohne viele Bilder oder Videos nachgestrickt werden können. Nehmt euch doch Garn und Nadeln, schlagt ein paar Maschen an und probiert die einzelnen Techniken aus, wenn ihr Lust habt!

Verkürzte Reihen mit Doppelmaschen („German Short Rows“)

Um eine Lücke am Wendepunkt zu vermeiden wird bei dieser Technik eine Masche aus der Vorreihe hochgezogen. Dabei legen sich beide Maschenbeine über die Nadel ¬– dies ist die so genannte Doppelmasche. Sie wird später wie eine normale Masche abgestrickt.

So geht’s:
In Hinreihen: Alle Maschen bis zum Wendepunkt rechts stricken. Die Arbeit wenden.

In Rückreihen: Die erste Masche auf der Nadel mit dem Faden vor der Arbeit wie zum Linksstricken abheben. Den Faden dann stramm nach hinten ziehen: Jetzt hat man die beiden Beinchen der Masche aus der Vorreihe auf der Nadel, die „Doppelmasche“. Links weiterstricken bis zum Ende bzw. nächsten Wendepunkt. Wird von dieser Reihe aus gewendet, wird die Doppelmasche genauso erzeugt wie von der rechten Seite aus.

Wenn man in Folgereihen auf eine Doppelmasche trifft, werden die beiden Maschenbeinchen zusammengestrickt: In beide Maschenglieder einstechen und die Doppelmasche wie eine rechte bzw. linke Masche abstricken.

Verkürzte Reihen mit Wickelmaschen („Wrap and Turn“)

Bei dieser Technik wird die Lücke kaschiert, indem die Masche nach dem Wendepunkt umwickelt wird.

So geht’s:
In Hinreihen: Alle Maschen bis zum Wendepunkt rechts stricken. Die nächste Masche links abheben und den Faden zwischen den Nadelspitzen nach vorn führen. Die abgehobene Masche zurück auf die linke Nadel heben. Arbeit wenden. Der Faden umschließt nun die zuvor abgehobene Masche.

In Rückreihen: Links stricken bis zum Ende bzw. nächsten Wendepunkt. Wenden wie für Hinreihen beschrieben.

Die umwickelten Maschen werden später so abgestrickt:
In Hinreihen wird mit der Nadel wie zum Rechtsstricken in die Wicklung und die umwickelte Masche eingestochen und beide dann rechts zusammengestrickt.
In Rückreihen wird wie zum Linksstricken von hinten in die Wicklung eingestochen und diese auf die linke Nadel gehoben. Nun werden die Masche und die Wicklung wie zum Rechtsstricken nacheinander auf die rechte Nadel gehoben. Beide zurück auf die linke Nadel heben und links verschränkt zusammenstricken.

Verkürzte Reihen mit Umschlag („Yarnover short rows“)

Bei dieser Variante ist es ein Umschlag, der dafür sorgt, dass die Wendelücke nicht sichtbar ist.

So geht’s: 
In Hinreihen: Alle Maschen bis zum Wendepunkt rechts stricken. Die Arbeit wenden.

In Rückreihen: Auf der rechten Nadel einen festen Umschlag bilden und links stricken bis zum Ende bzw. nächsten Wendepunkt. Nach jedem Wenden die nächste Reihe stets mit einem festen Umschlag auf der rechten Nadel beginnen.

Die Wendepunkte werden später so geschlossen:
In Hinreihen rechts stricken bis zum Umschlag und diesen dann mit der nachfolgenden Masche rechts zusammenstricken.
In Rückenreihen links stricken bis zum Umschlag. Den Umschlag und die darauffolgende Masche einzeln wie zum Rechtsstricken auf die rechte Nadel heben, beide zurück auf die linke Nadel heben und links verschränkt zusammenstricken.

Verkürzte Reihen mit angehobenen Maschen („Shadow wrap“)

Eng verwandt mit angehobenen Zunahmen ist diese Variante verkürzter Reihen. Hier wird die Lücke verdeckt, indem man die aus der Vorreihe angehobene Masche um die Wendemasche legt – quasi wie einen Schatten, daher die englische Bezeichnung.

So geht’s: 
In Hinreihen: Bis zum Wendepunkt rechts stricken. Nun mit der rechten Nadelspitze von hinten in die Masche einstechen, die direkt unter der ersten Maschen auf der linken Nadel liegt. Die Masche auf die linke Nadel heben, rechts abstricken und zurück auf die linke Nadel legen. Wenden. Rechts der Wendestelle liegt nun ein Maschenpaar.

In Rückreihen: Bis zum Wendepunkt links stricken. Die nächste Masche wie zum Linksstricken mit dem Faden vor der Arbeit abheben. Mit der linken Nadelspitze von hinten in die Masche einstechen, die unter der soeben abgehobenen liegt. Masche anheben und links abstricken. Das neue Maschenpaar mit dem Faden vor der Arbeit auf die linke Nadelspitze heben und die Arbeit wenden.

In Folgereihen werden die Maschenpaare dann einfach rechts bzw. links zusammengestrickt, wenn sie erreicht werden.

Japanische verkürzte Reihen 

Bei dieser letzten Technik ist es eine Schlinge, die aus dem Gestrick gezogen wird und mit der der Übergang an der Wendestelle kaschiert wird. Hierfür benötigt ihr kleine Sicherheitsnadeln oder verschließbare Maschenmarkierer, es reicht allerdings auch ein Stück Garn – am besten etwas dicker und nicht zu rutschig.

So geht’s:
In Hinreihen: Es wird rechts gestrickt bis zur Wendestelle. Sicherheitsnadel, Maschenmarkier oder Garnrest um den Arbeitsfaden legen, wenden.

In Rückreihen: Die erste Masche wie zum Linksstricken abheben, die nächste Masche links stricken. Die Markierung liegt nun zwischen der abgehobenen und der gestrickten Masche, vor der Arbeit. Links zu Ende oder bis zur nächsten Wendestelle stricken.

Die Markierung muss immer auf der linken Seite des Gestricks liegen, wird also in einer Rückreihe gewendet, liegt die Markierung nicht vor, sondern hinter der Arbeit.

Die Abstände werden bei den Shadow Wraps wie folgt geschlossen:
In Hinreihen rechts bis zur Lücke stricken. Die Markierung ist rechts der Lücke, hinter der Arbeit. Nun zieht ihr an der Sicherheitsnadel oder dem Garnrest und hebt die so entstehende Schlaufe mit dem rechten Maschenglied nach vorn auf die linke Nadelspitze. Diese Schlaufe mit der darauf folgenden Masche rechts zusammenstricken.

In Rückreihen wird ebenfalls bis zur Lücke gestrickt. Die Markierung ist vor der Arbeit auf der rechten Nadel. Nun die erste Masche der linken Nadel auf die rechte Nadel heben. Sicherheitsnadel oder Garnrest anziehen und die entstandene Schlaufe (mit dem rechten Maschenbein nach vorn) auf die linke Nadel heben. Die zuvor abgehobene Masche zurück auf die linke Nadel heben und mit der Schlaufe links zusammenstricken.

Uns bleibt eigentlich nur die Empfehlung, die verschiedenen Varianten einfach mal auszuprobieren. Komplett unsichtbar sind verkürzte Reihe praktisch niemals, aber mit etwas Übung und kommt man der Unsichtbarkeit ziemlich nah! 

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