Von Claudia Ostrop
Wie ärgerlich! Das Garn für ein Projekt reicht nicht – es fehlt ein Knäuel. Also schnell eines nachgekauft. Aber was ist das? Beim Stricken sieht man, dass dort, wo das neue Knäuel angesetzt wurde, im Gestrick ein Farbunterschied ist! Ein Blick auf die Banderole erklärt die Ursache: Es war zwar die gleiche Farbe, das Ersatzknäuel stammte aber aus einer anderen Farbpartie. Wir erklären euch heute, was es damit auf sich hat und wie man das Problem lösen oder umgehen kann.
Was sind eigentlich Farbpartien?
Auf jedem Garnetikett findet man die Information über die Farbpartie. Die kann z.B. auch als (Dye) Lot, Färbung, Partie(nummer) oder Kesselnummer bezeichnet werden. Neben der eigentlichen Farbnummer gibt sie an, in welchem Färbebad das Garn war. Der Grund ist einfach: In einen Färbekessel passt nur eine gewisse Anzahl von Strängen, und auch bei industrieller Färbung ist die Flüssigkeit irgendwann aufgebraucht und es muss neue Farbe angesetzt werden. Aber selbst, wenn die Rezeptur stets die gleiche ist, kann man sich nicht darauf verlassen, dass der neue Farbton identisch zum vorherigen ist. Mit zumindest leichten Abweichungen muss man einfach rechnen. Denn auch das zu färbende Material (wenn es nicht gerade 100-prozentiges Kunstgarn ist) unterliegt natürlichen Schwankungen und ist nicht immer gleich.
Unterschiedliche Farbpartien geschickt zusammenbringen
Wenn man vor Beginn eines Projektes weiß, dass man unterschiedliche Farbpartien kombinieren muss, ist das Ganze kein Hexenwerk. Es braucht nur ein bisschen Vorausplanung. Die folgenden Tipps helfen übrigens auch gut, wenn man mit handgefärbten Garnen arbeitet, bei denen es naturgemäß auch zwischen einzelnen Strängen aus derselben Färbung zu Farbunterschieden kommen kann. Es bietet sich übrigens an, zum Verstricken unterschiedlicher Farbpartien nicht unbedingt ein ganz schlichtes Modell in glatt rechts zu planen. Je schlichter das Gestrickte, desto mehr werden Färbeunterschiede auffallen.
Abweichende Farbpartien in Bündchen und Co. verstricken
Durch die unterschiedliche Maschenstruktur fallen leichte Farbunterschiede praktisch nicht auf, wenn sie für Bündchen, Knopfleisten, Kragen oder Taschen verwendet werden. Abweichende Farbpartien können hier also ganz gut untergemogelt werden. Natürlich kann man auch die Ärmel damit stricken, wenn man genügend Garn von der zweiten Partie hat.
Langsames Einblenden abweichender Färbungen
Um das zu vermeiden, lässt man die zweite Farbe langsam „einfließen“. Auf wenigstens 10 cm Länge, lieber noch etwas mehr, strickt man abwechselnd mit den beiden unterschiedlichen Partien. Eine Reihe altes, eine Reihe neues Knäuel. In Runden ist das ja sowieso kein Problem – und wenn man in Hin- und Rückreihen strickt, hilft ein kleiner Kniff: Eine Hinreihe mit Garn 1 stricken. Dann Garn 2 ansetzen und noch eine Hinreihe stricken. Als nächstes nacheinander zwei Rückreihen, eine pro Partie, stricken. Bei komplizierteren Mustern (z.B. Patent oder Zöpfen) nimmt man den Wechsel alle zwei Reihen vor. So Das Auge lässt sich auf diesem Weg ganz gut beschummeln – in unserem Foto rechts (B). Handgefärbte Garne sollte man grundsätzlich auf diese Weise verstricken.
Wenn man plötzlich und unerwartet feststellt, dass das gerade angesetzte Knäuel einen anderen Farbton hat, dann bitte nicht aus Bequemlichkeit einfach weiterstricken! Wenn mitten im Pullover so eine Farbmacke ist, wird er am Ende sonst vermutlich zu einer Schrankleiche. Es lohnt sich in dem Fall wirklich, zu ribbeln und den abweichenden Farbton langsam einfließen zu lassen.
Streifen lenken ab
Wie wäre es mit einen gestreiften Pullover? Durch den stetigen Farbwechsel fallen unterschiedliche Farbpartien gar nicht auf. Den Partienwechsel nimmt man dann natürlich mit Beginn eines neuen Streifens vor und nicht mittendrin.
Auch ein einzelner Streifen in einer (Kontrast-) Farbe macht den Wechsel zwischen zwei unterschiedlichen Färbepartien weniger auffällig. Man muss natürlich schauen, ob an der „Wechselstelle“ ein Streifen passend ist oder nicht.
Anstelle eines farbigen Streifens zum Ablenken könnte man den Wechsel optisch auch mit einem Muster (-streifen) kaschieren, wenn es sich mit dem Design des Strickstücks vereinbaren lässt. Vielleicht ein, zwei kraus rechts gestrickte Reihen, eine Reihe mit Lochmuster, … – Auge und Gehirn nehmen die andere Struktur stärker wahr als die farbliche Abweichung.
Ihr seht, man kann durchaus einiges tun, um verschiedene Farbpartien geschickt miteinander zu verarbeiten. Bemerkt man den Unterschied erst während des Strickens, bleibt leider meist nur Schadensbegrenzung. Weiß man es vorher, kann man mit der passenden Auswahl von Mustern – farbig oder strukturiert – die Unterschiede zwischen zwei Farbpartien praktisch unsichtbar machen.
Bitte die Garnetiketten am besten (mindestens) so lange aufheben, bis ein Projekt fertig ist. Im Zweifelsfall weiß man dann schnell, welche Partie von welcher Farbnummer einen retten kann, sollte das Garn knapp werden!
Wenn Ihr Garn für ein neues Projekt kauft, seid Ihr auf der sicheren Seite, wenn Ihr nicht zu knapp kalkuliert. Im Zweifelsfall kauft lieber ein Knäuel mehr. Vielleicht springt dann am Ende noch eine schöne Mütze raus, oder ein Paar Armstulpen? Wenn Ihr Eure Garne direkt über unseren Online-Shop kauft, könnt Ihr zu viel Gekauftes übrigens auch zurückgeben: Zwei Monate habt Ihr dafür Zeit.