Von Sandra Sonnenburg
Sie ist zweifellos eine der erfolgreichsten deutschen Strickdesignerinnen, und auch in der internationalen Strickwelt hat sie ihren Platz ganz vorn: Isabell Kraemer. Der Erfolg ist schnell erklärt: Ihre klaren Designs sind zeitlos schön. Sie sind alltagstauglich und dabei alles andere als alltäglich. Ihre lässigen Pullover und Cardigans bezaubern durch raffinierte Details – und haben allesamt das Zeug zum Lieblingsstück! Isabell Kraemers Modelle werden fast immer nahtlos von oben nach unten gestrickt. Ihre Anleitungen sind absolut präzise geschrieben und sehr gut nachzuarbeiten.
Wir freuen uns sehr, dass Isabell extra für unsere Garne Puno und das ganz neue Puno Winikunka den Pullover Laia entworfen hat: Ein cooles Teil mit einem wunderschönen Lace-Muster in der Rundpasse.
Und mindestens genauso freuen wir uns, dass Isabell sich die Zeit genommen hat, um ein bisschen mit uns zu plaudern und ein paar Fragen zu beantworten!
Isabell, du bist eine der erfolgreichsten Strickdesignerinnen unserer Zeit. Wie ist es dazu gekommen?
"Also, geplant war das nicht! Angefangen hat es damit, dass ich Ravelry entdeckt hatte und dann irgendwann sehr viele Teststricks für verschiedene Designer gemacht habe. Ich habe mich dabei aber ab und zu nicht so ganz an die Anleitungen gehalten und die Modelle ein wenig abgeändert (wenn das jetzt meine Teststricker lesen sollten: Ich habe immer vorher Rücksprache gehalten, das waren keine 'ungenehmigten' Veränderungen ;). Meine Versionen fanden dann meist großen Anklang. Das war, glaube ich, schon eine recht gute Werbung, sowohl für mich selbst als 'Stricker' als auch für die Designer. Ich habe damals auch vieles 'einfach so' (ohne Anleitung) gestrickt, was zur Folge hatte, dass sehr viele nach Anleitungen für eben diese Projekte gefragt hatten. Hauptsächlich waren es dann aber Joji Locatelli und Heidi Kirrmaier, die mich bestärkt haben, es mit eigenen Anleitungen zu wagen. Na gut, es konnte ja auch eigentlich nichts passieren! Na ja, stimmt ja nicht so ganz, es kann Alles und Nichts passieren und ich habe lange gebraucht, meine ersten Anleitungen 'der Welt' zur Verfügung zu stellen… 2011 habe ich mich dann endlich getraut. Zuerst waren meine Anleitungen alle kostenlos – Ich konnte mir am Anfang gar nicht vorstellen, dass jemand Geld dafür ausgeben möchte! Zwei Jahre, und mit ein bisschen mehr Erfahrung, später habe ich dann die erste Bezahl-Anleitung veröffentlicht. …der Rest ist Geschichte ;)"
Wer hat Dir Stricken beigebracht?
"Ich habe es mir selbst beigebracht! Meine Mutter hatte eine Reihe Handarbeitsbücher. Ziemlich dicke Wälzer, ich glaube, sie waren von Readers‘ Digest. Sie hat eigentlich nie groß gehandarbeitet, aber die Bücher standen im Regal. Und die hab‘ ich mir dann irgendwann genommen und mir selbst Stricken beigebracht. Deshalb stricke ich auch wie Rechtshänder, obwohl ich eigentlich Linkshänderin bin – das war in den Büchern schließlich so abgebildet!"
Weißt Du noch, was Dein erstes Strickprojekt war?
"Oh ja….. glücklicherweise gibt es davon keine Foto-Beweise (hoffe ich doch ;) Das Ding war ein übergroßer Pulli, gestrickt mit Garnen von meiner Oma (vermutlich alles 100% Acryl …meine Oma war eine Zeitlang mehr als begeistert von diesem neumodischen Material, das man in der Maschine waschen konnte ;) Sah ein wenig aus wie eine Patchworkdecke, verschiedene Muster (ich hatte ja diese Handarbeitsbücher!) und verschiedene Farben (aber alles pink lastig, weil Oma diese Farbe so toll fand). Das habe ich dann zu zwei großen Rechtecken zusammengenäht, einen Halsabschluss angestrickt und dann, als es an die Ärmel ging, festgestellt, dass das Ding so weit ist, dass nur noch 10 cm 'Ärmel' gereicht haben ;)"
Dein Output an Strickanleitungen ist faszinierend, die guten Ideen scheinen dir offensichtlich nie auszugehen. Wie entstehen deine Designs?
"Wenn ich mich hinsetzen würde, um etwas von Null aus zu entwerfen wäre das wahrscheinlich eine endlose Geschichte. Auf Kommando fällt mir nicht viel ein. Es hört sich vielleicht komisch an, aber die Ideen kommen einfach so. Sie sind plötzlich einfach da. Das ist nicht richtig greifbar, aber ich stricke z.B. an einem Teil und plötzlich kommt mir die Idee zu was ganz anderem. Dann muss ich das schnell aufmalen! Und mit solchen gesammelten Inspirationen kann ich dann natürlich auch später etwas geplanter arbeiten.
Manchmal kommen die Ideen natürlich auch inspiriert durch ein bestimmtes Garn. Ich probiere gern neue Garne aus, und beim Stricken bekomme ich schnell eine Vorstellung, mit welchen Mustern eine Wolle gut zur Geltung käme. Oder wie z.B. ein Pullover daraus aussehen müsste, kurz oder lang, schmal oder weit, glatt, einfarbig oder mit Muster…
Es gibt viele schöne Musterbücher, auch die inspirieren mich zu meinen Designs."
Wo wir beim Thema Garn sind, hast bestimmte du Garnvorlieben? Was für ein Garn magst du besonders gern?
"Also das Garn für die berühmte einsame Insel – oh! Das ist schwer zu beantworten. Grundsätzlich bin ich eher Team Rustikal. Also Wolle, mit der wenig gemacht wurde, eher so direkt vom Schaf! Es muss natürlich nicht zwangsläufig kratzig sein (auch wenn mich das nicht besonders stört). Ich mag einfach gern eine griffige Struktur. Von Seide bin ich ganz weit weg. Wenn es glatt sein soll, dann würde ich eher Leinen wählen. "
Und wie gefällt dir unsere Puno? Die ist ja auch eher weich und glatt.
"Puno ist ein sehr schönes Garn! Toll ist der lebendige Farbton, weil der Faden ja leicht meliert ist. Und die Baumwolle fühlt sich überhaupt nicht an wie normale Baumwolle und benimmt sich auch nicht wie die Garne in den Achtzigern, wo das Gestrickte erst bretthart war und dann ausleierte. Es gibt wirklich nicht viele Baumwoll-Garne, die mir gut gefallen. Aber Baumwolle und Alpaka ist eine ganz tolle Kombination. Es hat richtig viel Spaß gemacht, Laia daraus zu stricken. Das Lace-Muster kommt damit supertoll zu Geltung, finde ich."
Laia von Isabell Kraemer, speziell designt für unsere Garne Puno und Puno Winikunka. Die Anleitung ist erhältlich auf Ravelry – ganz frisch und perfekt für den Frühling!
Magst du sonst noch etwas zu den Garnen von Pascuali sagen?
"Ich finde es schon wichtig zu wissen, dass die Wolle, mit der ich stricke „anständig“ entstanden ist. Zum Glück ist das einer wachsenden Zahl von Strickerinnen und Strickern wichtig, so dass das Angebot entsprechend mittlerweile ganz gut ist. Ich finde es super, dass die Garne von Pascuali nicht nur klasse sind im Hinblick auf die Qualität, sondern auch in Sachen Nachhaltigkeit, Naturschutz und Tierwohl!"
Hast Du ein Lieblingsmodell?
"Jein! Meist ist das jeweils aktuelle Modell mein Liebling – sonst hätte es die Anleitung ja auch gar nicht gegeben! Ich habe eine Menge Sachen gestrickt, die es nie an die Öffentlichkeit geschafft haben – eben, weil sie nicht das Zeug zum Lieblingsteil hatten.
Aber um Namen zu nennen: Ich mag meinen Humulus sehr gerne! Ich finde ihn einfach toll, naja, wie offenbar auch viele andere da draußen. Den Humulus trage ich wirklich oft und gern. Das sieht man meinem Exemplar mittlerweile auch schon ein bisschen an.
Oder die Reagan-Jacke, die trage ich seit Jahren gerade im Frühling und im Herbst total gern. "
Machst Du alles allein oder hast Du ein Team im Hintergrund?
"Also das Stricken, das mache ich immer noch ganz allein. Selbst die Ärmel…
Aber im Hintergrund habe ich inzwischen natürlich Hilfe! Anfangs habe ich wirklich alles alleine gemacht, zusätzlich zu meinem 'normalen' Job, den ich tatsächlich erst 2017 aufgegeben habe. Da ist zum einen Janine, die mir ganz viel Verwaltungskram abnimmt und z.B. auch meine Teststricks organisiert. Ich habe eine Handvoll Übersetzerinnen für meine Anleitungen (ich schreibe die Anleitungen in Englisch….Deutsch geht gut in allen anderen Lebensbereichen, aber nicht was das Stricken angeht ;) und ein kleines Team von Moderatoren, das sich gemeinsam mit mir um mein Forum auf Ravelry kümmert. Und nicht zu vergessen meine Teststrickerinnen, die meine Anleitungen auf Herz und Nieren prüfen, bevor sie veröffentlicht werden!"
Und zum Schluss noch eine ganz private Frage: Was machst du, wenn du mal kein Strickzeug in der Hand hast?
"Ich laufe! Ich hab jetzt fast ein Jahr voll, in dem ich nicht wenigstens jeden zweiten Tag joggen gegangen bin. Ich hatte letztes Jahr große Probleme mit meiner Schulter und dem Rücken und konnte kaum was machen. Sitzen, schreiben, stricken, das ging alles gar nicht. Die Schmerzen gingen nicht weg davon, aber beim Laufen bin ich wenigstens rausgekommen, und die frische Luft hat gut getan, um den Kopf frei zu bekommen. Seitdem laufe ich regelmäßig meine Runden. Wenn ich Stress habe, ist das Rennen die beste Hilfe!
Und manchmal muss ich auch das Strickzeug aus der Hand legen, weil meine beiden Katzen ihre Streicheleinheiten einfordern – und die bekommen sie natürlich dann auch!"