Von Claudia Ostrop
Ein lästiges Phänomen bei gestrickten Kleidungsstücken ist das so genannte Pilling. Die kleinen Knötchen, die sich auf dem Gestrick bilden, lassen einen Pullover oder eine Jacke schnell alt aussehen. Wir wollen heute erklären, wie es zu Pilling kommt, warum es kein Merkmal für mangelnde Qualität sein muss und was man dagegen tun kann.
Pilling – was ist das?
Unter Pilling versteht man die Bildung von Knötchen auf textilem Gewebe. Bei den runden kleinen „Pills“ handelt es sich um verfilzte Fusseln. Das kann bei Baumwolle ebenso vorkommen wie bei Kunstfasern – uns interessiert hier natürlich vor allem das Pilling auf Gestricktem aus Wolle.
Wie entsteht Pilling?
Pilling entsteht durch Reibung. Fusseln und Flusen, die aus dem Gestrick herausgucken, werden durch mechanische Belastung miteinander verfilzt und bilden kleine Kügelchen, englisch Pills. Deshalb findet man die lästigen Knötchen meistens an den Stellen, die besonderer Reibung ausgesetzt sind: An Unterarmen und Ellenbogen, im Bereich der Achseln und der Hüften. Auch das Tragen von Schultertaschen oder Rucksäcken kann Spuren hinterlassen. Wo die Träger aufliegen oder sich die Tasche am Körper hin und her bewegt, entsteht Reibung. Und diese verursacht die Bildung von Knötchen.
Theoretisch kann es auch beim Waschen zum Auftreten von Pilling kommen, aber wir waschen unsere Strickstücke entweder von Hand bzw. im schonenden Wollprogramm der Waschmaschine. Oder?
Pilling – kein Merkmal für mangelnde Qualität
Um es gleich vorwegzunehmen: Pilling ist bei Stricksachen nicht unbedingt ein Hinweis auf minderwertige Qualität der verwendeten Wolle. Es ist natürlich super ärgerlich, wenn die Knötchen einen neuen Pullover oder eine Strickjacke schnell alt und abgetragen aussehen lassen. Das hat aber nicht automatisch etwas damit zu tun, ob die verwendete Wolle gut oder schlecht, teuer oder günstig war.
Der Grund dafür, dass manche Strickstücke sehr stark pillen und andere weniger liegt in der verwendeten Faser begründet. Bei einer locker versponnenen Dochtwolle sind die Fasern nur lose miteinander verbunden. Entsprechend „offen“ ist die Oberfläche des Fadens und es gucken auch verhältnismäßig viele Faserenden aus dem Garn heraus. Diese können bei Reibung leicht miteinander verfilzen, und weil der Faserverbund verhältnismäßig locker ist, können durch die mechanische Belastung auch weitere Fasern mit herausgezogen werden. Das ergibt schlimmstenfalls ziemlich große Knötchen.
Ein Garn, das sehr fest verzwirnt ist, z.B. klassische Sockenwolle, ist hingegen weit weniger anfällig für Pilling, da die Fasern in einem sehr stabilen Verbund sind.
Je weicher und weniger verzwirnt ein verwendetes Garn ist und je kürzer die verarbeiteten Fasern, desto anfälliger ist ein Strickstück für die ungeliebte Knötchenbildung. Besonders feine, weiche Fasern lassen sich einfach leichter aus dem Gestrick ziehen.
Für eine gute Garnqualität ist die Faserlänge wichtig: sind die Fasern zu kurz oder unterschiedlich lang, lassen sie sich nicht sauber verspinnen, bzw. können nicht gut aneinanderhaften. Je länger die einzelne Faser, desto „sicherer“ liegt sie im Faden.
Fasern, die von Natur aus besonders weich und verhältnismäßig kurz sind wie z.B. Kaschmir neigen deshalb stärker zum Pilling. Wir verwenden deshalb für unsere Garne die besten Faserqualitäten, damit entsprechend hochwertige Wollprodukte daraus entstehen können.
Pilling ist leider praktisch vorprogrammiert bei Recycling-Garnen: Durch die Verarbeitung von Faserabfällen, d.h. sehr kurzen und unregelmäßigen Faserabschnitten, können den Verbraucher:innen vermeintlich preisgünstige Garne angeboten werden. Doch meist ist das Gegenteil ist der Fall: Wenn man nach kürzester Zeit feststellen muss, dass ein Pullover oder eine Jacke über und über voller Knötchen oder an den empfindlichen Stellen sogar komplett verfilzt ist, ist die Freude nur von kurzer Dauer.
Pilling verhindern
Die schlechte Nachricht – man kann Pilling nicht wirklich verhindern. Man kann aber durch die Auswahl der passenden Wolle absehbaren Frust vermeiden: Ungezwirnte Dochtwolle macht mehr (langfristige) Freude bei Accessoires wie Schals, Tüchern oder Mützen. Die mechanische Belastung, also die Reibung, ist hier einfach viel geringer ist als bei einer Strickjacke oder einem Pullover.
Entsprechend sollte man für Kleidungsstücke, die einer höheren Belastung ausgesetzt sind, zu verzwirnten Garnen oder zu so genannten Kammgarnen greifen. Bei Letzteren werden die Fasern vorm Spinnen so gekämmt, dass sie in eine Richtung zeigen. Das Garn ist weniger weich und fluffig, die Oberfläche aber sehr glatt. Und das hilft, Knötchenbildung zu verhindern.
Wenn man mit einer Wolle strickt, die aufgrund ihrer Beschaffenheit zum Pilling neigen könnte, wählt man im Zweifelsfall lieber eine kleinere Nadelstärke: Wenn das Gestrick ein wenig fester bzw. stabiler ist, verhindert man dadurch die Reibung, die lockere Maschen untereinander beim Tragen ausüben können.
Pilling entfernen
Und nun eine gute Nachricht – man kann den lästigen Knötchen gut zu Leibe rücken, so dass selbst ein für Pilling anfälliges Kleidungsstück sich stets in voller Schönheit präsentieren kann.
Wenn ihr die ersten Knötchen und Knubbelchen auf dem Kleidungsstück entdeckt: Bitte auf gar keinen Fall dem Reflex nachgeben, sie gleich mit den Fingern abzupuhlen! Durch das Ziehen an den Knötchen entfernt man diese zwar, gleichzeitig zieht man aber weitere Fasern aus dem Faden des Gestricks heraus. Damit ist es nur eine Frage der Zeit, wann sich das nächste Filzklümpchen bildet.
Falls es nur einige wenige Pills sind, die sich gebildet haben, kann man diese mit einer scharfen (!) Schere vorsichtig abschneiden. Aber Achtung, dass man dabei nicht aus Versehen ein Loch ins Gestrick schneidet!
Viel besser geeignet sind spezielle Fusselrasierer oder -kämme, mit denen die Knötchen sauber und schnell abgeschnitten werden.
Es gibt batteriebetriebene Rasierer, die nicht die Welt kosten, aber zuverlässig den unschönen Filz von der Oberfläche eines Strickstücks schneiden.
Wer es etwas weniger technisch mag, findet im Pascuali-Sortiment einen tollen Wollkamm, der mit seinem metallenen Scherkopf ohne großen Aufwand die Pilling-Knötchen entfernt.
Es kursieren im Internet zahlreiche weitere Tipps, wie und womit man dem Pilling an den Kragen gehen kann. Manches davon ist besser mit etwas gesunder Skepsis zu betrachten!
Fusselkleberollen sind ebenso wie Klebeband nicht empfehlenswert, weil sie die Knötchen mit Glück zwar entfernen können, allerdings reißen sie diese dann ab, und damit ist vor allem dem Filznachwuchs gedient!
Es gibt Fussel- oder (Anti-)Pilling-Steine, sie sind meist aus Lavagestein (und erinnern an Bimssteine zum Entfernen von Hornhaut). Mit ihnen sollen Knötchen verschwinden, wenn man über das Gestrick reibt. Ob diese aber nicht mehr gerupft als sauber abgetrennt werden?
Der Ratschlag, dem Pilling mit einem Einwegrasierer zu Leibe zu rücken, mag im absoluten Notfall gehen. Aber mit offenen Klingen über Pullover oder Jacke zu gehen, erfordert schon einen gewissen Wagemut…
Ob das Einfrieren von Pullover oder Strickjacke wirklich gegen Pilling hilft, sei dahingestellt. Auch das Waschen mit Silikon-Shampoo oder Haarspülung wird auf einigen Internetseiten als die Lösung beschrieben. Aber vielleicht experimentiert man doch nicht zu wild rum.
Unsere Empfehlung: Begutachtet eure gestrickten Kleidungsstücke regelmäßig und wartet nicht, bis das ganze Teil voller dicker Knubbel ist. Wenn man regelmäßig und frühzeitig zu Wollkamm oder Fusselrasierer greift, ist das kleine Schönheitsprogramm schnell beendet. Und mit wenig Zeitaufwand bleiben eure selbstgestrickten Schätze lange schön wie am ersten Tag!