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Interview mit Yvonne Ginsterblum - "Die kleine Wollfabrik"

von Paul Pascuali - 28 Nov, 2017

Interview mit Yvonne Ginsterblum -

Wie bist du zur Färberei gekommen?

"Ich bin wollsüchtig" 

Ich denke, das ist die erste wichtige Erkenntnis und der Grundstein meines Berufs. Vielleicht war es auch mehr eine Art Berufung, so ganz werde ich das nicht mehr heraus finden. Jedenfalls fing alles damit an, das ich total fasziniert von Wolle war und natürlich auch immernoch bin. Nachdem ich im "Laden um die Ecke" zwar fürs erste versorgt wurde, dort aber nichts "Besonderes" und "mal-was-anderes" zu finden war, fing ich an durchs Netz zu stöbern und wurde in einigen Gruppen, in denen handgefärbte Wolle angeboten wurde, fündig. Ich habe damals Mützen für Babys gestrickt und auch verkauft. Ich hatte selbst gerade eins bekommen und super viel Zeit. Ich muss gestehen, ich bin ein Mensch, der nicht lang still halten kann und ich wurde schon kribbelig und wollte wieder was zu tun haben. Am Besten mit Wolle und Menschen. Tja und nachdem ich die ein oder andere handgefärbte Wolle nie kaufen konnte, weil andere immer schneller waren bei den Facebook-Verkäufen, habe ich selber angefangen. Erst ganz klein und ich glaube auch gar nicht so schön. Ich habe auch gedacht: "Niemals wird das jemand kaufen!", aber dann gings doch los und mein erstes Kilo handgefärbter Sockenwolle war "über den Tisch". 

Wie schon anfänglich erwähnt, ich bin wollsüchtig. Ich kaufe heute noch gern von anderen Färberinnen auf den Märkten. Deshalb entwickelte sich damit dann auch eine gewisse Sucht nach dem Färben - nach dem bunt machen, einfach danach neue Sachen zu erschaffen. Bis heute macht das wahnsinnig Spaß. Nach anfänglichen Verkaufsabenden auf Facebook, habe ich mittlerweile einen eigenen Online-Shop und das eigene Wollgeschäft in Kaisersesch feierte dieses Jahr auch schon den 4ten Ladengeburtstag.


Wie lange färbst du schon?

Ich habe tatsächlich gerade mal nachschauen müssen. 2012 habe ich meine erste Rechnung geschrieben - das erste mal mit handgefärbter Wolle zumindest. Das ist, wenn ich heute darüber nachdenke, doch schon eine ganz schön lange Zeit.


Was hast du vorher gemacht?

Eigentlich bin ich gelernte Floristin, vielleicht kommt daher die Affinität zu Farben und Formen und sicherlich habe ich diesen Beruf auch wegen meines kreativen Schaffensdrangs gewählt. Ich bin immer unruhig und habe so viele Ideen im Kopf, das ging mir schon als Kind so. Jedenfalls habe ich diesen Beruf nicht so lange ausgeübt. Leider beschränken die Vorgaben des jeweiligen Chefs doch sehr meine Wünsche, mich ausleben zu wollen. Kurzum, ich konnte nie so kreativ sein, weil ich wollte. Dazu ist der Job leider auch ziemlich hart, nur sieht das kaum jemand. 

Ich wollte irgendwann dann was ganz anderes machen. So habe ich mich dann auch wirklich komplett einmal gedreht und ging zur Deutschen Bahn. Im CallCenter habe ich Fahrkarten verkauft - eine nur mäßig befriedigende Tätigkeit. Kurz darauf kam ich in den Kundendialog - der Beschwerdestelle der DB und nachdem ich da eine wirklich tolle Zeit verbracht habe, bekam ich die Möglichkeit als Redakteurin zu arbeiten. Das war dann auch ein Job, der mir richtig viel Spaß gemacht hat. Ich hatte eine geniale Chefin, die mich, eigentlich uns alle, gelenkt aber nicht beschränkt hat. Und ich konnte zum ersten Mal richtig eigenverantwortlich, und und ja als Redakteurin in gewissem Maß, auch hochkreativ arbeiten. Ich würde dort wahrscheinlich heute noch arbeiten, wäre ich dann nicht von Berlin nach Rheinland-Pfalz gezogen, wo ich bis heute lebe.


In deinem Shop kann man nicht nur Wolle, sondern auch Spinnfutter, Spinnräder u.v.m. kaufen. Setzt du dich auch selber ans Spinnrad?

Aber natürlich, ich liebe es Fasern zu spinnen - bunte, ganz klar. Es ist noch mal eine ganz andere Geschichte Fasern ganz ursprünglich zu verarbeiten und zu sehen, was daraus entstehen kann, als "nur" zu stricken.


Womit färbst du hauptsächlich?

Ich färbe mit Textilfarben, einfach, weil sie mir die größte Möglichkeit zum Mischen und Verarbeiten bieten. Ich mische viel und wild und ich glaube meine Färbungen zeichnen sich durch Vielfarbigkeit, gepaart mit ein wenig Chaos, aus.


Gibt es eine Garn-Mischung, die du besonders gerne färbst bzw. verstrickst?

So schnöde es auch klingt, ich färbe am liebsten Sockenwolle, weil ich sie so richtig bunt machen kann. Es ist mir auch gleich welche, ob nun normale oder weiche mit Merino. Verstricken ist dann doch wieder ein anderes Thema. Ich stricke tatsächlich selten Socken - irgendwie gibt es immer Probleme beim Stricken und das Beenden des zweiten Sockens, der ja leider meist genau so wie der andere aussieht. Mir fehlt da ein bisschen Motivation und Durchhaltevermögen. 

Also zum selber stricken liebe ich Mischungen mit Yak oder Kaschmir. Die Baby-Merino-Lace von Pascuali ist auch ein heimlicher Favorit, weil sie so schön weich und voluminös ist.


Was machst du am liebsten in deiner Freizeit?

Stricken, Spinnen, Zeichnen - leider bleibt für viel mehr keine Zeit. Früher habe ich mal so viel gelesen - ich trauere der Zeit etwas nach. Deshalb begnüge ich mich heute mit Hörbüchern, die aber nur ein kläglicher Ersatz zum Selber-Lesen sind.


Was sind deine Wünsche & Ziele für 2018?

Die Weltherrschaft? Also die Woll-Weltherrschaft wäre schon nicht übel, wenn auch nur im Scherz. Ich wünsche mir vor allem, das meine Lieben und ich gesund bleiben und das ich einfach mit dem weiter machen kann, was ich so liebe - meiner Wollfärberei.


Ganz herzlichen Dank, Yvonne!